Die "Klennewehmer Bischöff"


In den Nachbardörfern nennt man die Kleinwenkheimer
"Die Klennewehmer Bischöff". Über den Ursprung dieser hohen
Auszeichnung ist Folgendes aufgeschrieben: Es geschah, daß sich der
Oberhirte der Diözese Würzburg zum Besuch anmeldete. Im Dorfe
wurden deswegen eifrige Vorbereitungen getroffen. Am festgesetzten
Tage, also zur frühen Morgenstunde, standen die Leute am Eingang ihres
Dorfes, um den Hochwürdigsten Herrn zu empfangen, voran die
Schuljugend, Pfarrer und Bürgermeister, alle bereit, ihr Bestes zu tun.
Da nahte im Nebel der Ferne ein Wagen mit weißen Pferden, einem
herrschaftlichen Fuhrwerk nicht unähnlich. Im festen Glauben, der
Erhoffte nahe sich der Gemeinde, gab der Bürgermeister das verabredete
Zeichen. Die Glocken läuteten, die Böller krachten und die Gemeinde
wollte sich gerade niederknien, den Segen zu empfangen. Da merkte der aufmerksame Pfarrherr zur rechten Zeit die Täuschung und winkte dem langsam fahrenden Kutscher, der in Neugier und Erstaunen die Menge musterte, rasch hinwegzufahren. Der Reisende, der in der Kutsche saß, blickte lächelnd heraus, und die Leute erkannten, daß es ein bekannter Viehhändler aus der Umgebung war. Er überblickte die Sachlage und fuhr schneller hinweg, weil er sonst die umgeschlagene Stimmung hätte fühlen müssen. Freilich konnte er nicht schweigen und erzählte sein Erlebnis, was dann Anlaß zum Spitznamen "Klennewehmer Bischöff" wurde. Der Handelsmann mußte auch in Zukunft rasch durch Kleinwenkheim fahren, ebenso seine Glaubensgenossen, da die Erregung über den Vorfall lebendig blieb.

 

 
 


 

Die Hunde von Wenkheim

von Ludwig Bechstein

Das Schloß Altenstein war geraume Zeit in dem Besitz einer jetzt ausgestorbenen adeligen Familie, welche sich die Hund von Wenkheim schrieb. Darüber wird noch von den Bewohnern der Umgegend folgende Geschlechtssage erzählt: Es wohnte auf dem Schloß eine gar sittenstrenge Edelfrau und da es sich einst zutrug, daß ein armes Weib mit Drillingen niederkam, so glaubte die Dame, jenes Weib habe sich arg vergangen, und ließ sie wegen Ehebruchs hinrichten. Auf der Richtstätte betheuerte das Weib noch seine Unschuld und sprach den Fluch aus: Mögest Du, daß ich unschuldig sterbe, an Dir selbst erfahren, und statt mit Dreien, mit dreizehn Kindern auf einmal vor Deinem richter stehen! – Bald darauf fühlte sich die Gräfin gesegneten Leibes, und gebar in Abwesenheit ihres Eheherrn dreizehn Knäblein, die zwar gar klein waren, aber doch lebend und wohlgestaltet. Nun schämte und entsetzte sich die Edelfrau, fürchtete ihres Gemahls Zorn und der Welt strenges Urtheil, und gebot ihrer Dienerin, zwölfe der Kinder heimlich in das Wasser zu tragen, und nur der Dreizehnte wurde behalten. Als nun aber die Magd das grausame Gebot zu vollsiehen ging, begegnete ihr der unversehens heimkehrende Ritter, und fragte, was sie trüge? Mit Beben erwiederte diese: Junge Hunde, der Ritter aber verlangte diese zu sehen, ob nicht vielleicht eines der Hündlein zur Aufzucht tauge, und entdeckte die Unthat.. Er gebot nun der Magd tiefes Schweigen und that die Kleinen zu einem Köhler, wo er sie erziehen ließ, bis sie das zwölfte Jahr erreicht hatten. Als nun die Edeldame den Geburtstag ihres Sohnes festlich zu begehen gedachte, fragte sie der Graf: Welche Strafe verdient eine Mutter, die ihr neugebornes Knäblein gleich einem jungen Hund ins Wasser tragen und ersäufen läßt? – Die Frau erschrak, doch glaubte sie nicht, daß Ihre That entdeckt sei, und antwortete: Solche Frau müßte durch das Feuer vom Leben zum Tod gebracht werden. Weib! donnerte da der Ritter, indem er die Thüre öffnete und die überein gekleideten Knaben eintreten hieß: so muß man Dich zwölfmal verbrennen! Sieh hier Deine jungen Hunde! Wahrlich, das sol hinfort ihr Name sein! Die Dame sank zu den Füßen ihres Gatten, der das selbstgefällte Urheil jedoch nicht an ihr vollziehen, sondern sie in einem Kloster bereuen und büßen ließ. So ist das Geschlecht derer von Hund entstanden. Im Jahre 1722 erlosch mit Ehrhard Friedrich Hund von Wenkheim, dieses edle Geschlecht, das 2 Jahrhunderte auf Altenstein geboten hatte, und Helm und Schild wurden zerbrochen mit in die Gruft gesenkt.

 

 


 

Es Büttertsfrelä

"In der Büttert geht's um"


An der Straße Münnerstadt-Bad Königshofen liegt westlich von Kleinwenkheim ein bewaldeter Höhenzug mit dem Namen "Büttert" . Von dieser Büttert handelt folgende Sage: Noch um 1900 sprach der Volksmund vom "Männchen im Büttert". Neuerdings heißt es "'s Bütterts Frelä geht um". In altersgrauer Zeit hauste hier im Büttertswald auf einer festen Burg ein böser und unbarmherziger Ritter, dem die ganze Markung zu eigen war. Dieser Raubritter bedrückte grausam seine Untertanen und führte mit seinen Helfershelfern in der ganzen Umgebung gar manchen rücksichtslosen Raub aus. Seine geraubten Schätze verwahrte er unter seiner Burg in einem tiefen Gewölbe. Dieser Herr von Büttert war der Schrecken weit über seinen Burgbereich hinaus und so kam es, daß die Burg meilenweit im Umkreis gemieden wurde. Elend und verlassen und unausgesöhnt mit dem Herrgott starb dieser grausame Herrscher. Zur Strafe muß er nun heute noch nach vielen hundert Jahren am Ort seiner Greueltaten büßen und der Volksmund sagt: "Auf der Büttert geht's um!" Die Überlieferung erzählt, daß dieses Bütterts-Männchen schon oft gesehen worden ist. Es zeigte sich besonders den Jägern, die abends spät noch in dieser Waldabteilung auf dem Anstand saßen. Die geraubten Schätze sollen heute noch im unterirdischen Gewölbe liegen. Auf Grund dieser Überlieferungen sollen im Laufe der Zeit von der umliegenden Bevölkerung die letzten Reste der Burg abgebrochen worden sein. Um zu dem Schatzgewölbe zu gelangen, brach man sogar die Grundmauern des Turmes heraus, jedoch ohne Erfolg. Alle Steine wurden weggefahren und so kam es, daß heute niemand mehr weiß, wo der wirkliche Standort der Burg war. Kleinwenkheimer Bürger haben um 1875 versucht, diese Gewölbe zu finden und die Güter zu heben, alle unternommenen Grabarbeiten führten zu keinem Erfolg. Wenn heute noch die furchterregende Redewendung
"'s Bütterts-Frelä geht um!" von Müttern ihren unfolgsamen Kindern gegenüber gebraucht wird, so kann die Vermutung daraus gefolgert werden, daß noch etwas von der schrecklichen Angst jener schlimmen Raubritterzeit im Volksmund fortlebt. Aus dem unbarmherzigen Ritter ist mit der Zeit etwas milder ausgedrückt "'s Bütterts-Frelä" entstanden .

 


 

Die Glöcklich

Die "Glöcklich vom Rosegrobe"


Der "Rosegroba" ist ein Wasserdurchlaufgraben mit Quellwasser vom Rasen und Urlesholz in Verbindung zur Wannig. Dieses wilde Bächlein suchte Jahrhunderte seinen eigenen kurvenreichen Weg, riß teilweise tiefe Löcher, wo während der trockenen Sommerzeit das Wasser fast nie ausging, und die Buben um 1930 zu lustigen Spielen anlockte und vielfach deren Erfindergeist anregte. Sicher hatten die Kleinwenkheimer Buben das mächtige Mühlenrad unten im Wannigstal genau beobachtet und unter die Lupe genommen und wollten ihre gesammelten Erkenntnisse, nur in kleineren Maßstäben, an diesem reizenden Wässerlein ausprobieren. Rädchen gab es zu dieser Zeit noch genügend in jedem bäuerlichen Anwesen in allen Ausführungen. So war bald ein gewisser Wettstreit entstanden. Jeder wollte das schönste Mühlenrad an diesem Bächlein oberhalb des Dorfes aufbauen und was als Wichtigstes erschien, das Mühlengetriebe sollte auch gehört werden. Die geschäftigen Buben fanden begeisterte Unterstützung bei ihren Vätern. Der spitzfindige "Klöffelsschuster" zum Beispiel und ebenso andere besorgte Familienoberhäupter kamen dabei auf die "Glöcklichs-Idee". In gemeinschaftlicher Zusammenarbeit zwischen den Vätern und ihren Sprößlingen ließ sich nun rasch das Spielwerk in die Tat umsetzen. An die Räder wurden "Glöcklich" angebracht, die sich beim Drehen der Mini-Mühlenräder bewegen konnten und deren Bimmeln weithin zu hören war. Das war nun ein Heidenspaß! Viel Arbeit hatte jetzt das "Rosagröbela-Wasser" zu leisten, um alle die aufgestellten Mühlenräder in Schwung zu halten. Niemand hatte nach dem gelungenen Spielwerk jedoch an die naturgemäße Nachtruhe gedacht. Immer lustig weiter klingelten und tönten die Glöckchen in die stille Nacht. Müde hatte sich der stets zu Scherzen aufgelegte Dorfschmied zur Ruhe gelegt; denn den ganzen langen Tag, von früh bis spät, am Amboß stehen, Pferde und Kühe beschlagen, Sensen tengeln, Beile schärfen, glühende Eisen formen und vieles mehr füllten seinen Arbeitstag reichlich aus. Das nimmer aufhörende Gebimmel der Glöckchen vor'm Haus verwehrte dem sich nach Ruhe und Schlaf sehnenden Mann die verdiente Nachtruhe. "Himmel, Dunnerkeil! Hot mer den z' Nocht a ke Ruh!" polterte der Dorfschmied ärgerlich los, schlüpfte in seine Hose, suchte draußen die ruhestörenden bimmelnden Glöckchen und riß die mühselig geschaffenen Wunderwerke heraus. Die Jugend nahm es scheinbar nicht übel. Damals Beteiligte erzählen gerne über diesen Jugendstreich. Dieser Rasengraben wurde bei der Flurbereinigung 1955-60 begradigt, neu angelegt und ausgebaut, fest rolliert wie der Dippach und die Wannig. In alten Gemeindebüchern und Plänen werden des öfteren "Rasengrabenacker" und "Weg am Rasengraben" genannt. Den Nachkommen sollte in irgendeiner Form eine Namenserinnerung erhalten bleiben. Gäbe es nicht den Rasengraben, würden die "Glöcklich vom Rosegroba" nie geläutet haben.

 


 

Der "Philosoph"


Adolf Glückert, Schreiner von Beruf, ist als Junggeselle gestorben.

Er war ein hochgescheiter Kleinwenkheimer, weshalb ihm der Beiname "Philosoph" durch seine Zeitgenossen zugedacht wurde.
Das zu seiner Zeit übliche Konversationslexikon soll er inhaltlich ganz
beherrscht haben und bei jeder passenden Gelegenheit machte er auch
davon Gebrauch. War er z.B. beim Lehrer zu Gast, dann sprach er nicht
von der Uhr, sondern gab die Zeit nach seinem "Chronometer" an.
Geist und Humor werden auch aus der folgenden Begebenheit deutlich.
Beim Besuch eines Bekannten, der gut Zither spielte, stellte Glückert fest:
"So, Eustach, jetzt bin ich der Saul und du bist der David!
Nimm deine Zither und spiele vor mir einen prickelnden Marsch!
Wenn du einen falschen Ton bringst, werfe ich meinen Spieß nach dir."

Als Glückert die Funktion des örtlichen Feld- und Waldhüters ausübte, soll er meistens eine Schußwaffe, fein säuberlich eingewickelt in einem Tuch mit sich geführt, jedoch nie benutzt haben. Einem einmal auf frischer Tat angetroffenen Frevler soll er nachgerufen haben:
"Deine Hand soll verdorren, du Ruchloser".


 
Ölgemälde von Adolf Glückert aus dem Jahr 1931.

Es wurde vom damaligen Lehrer Richard Marschall gemalt.

Aus Erzählungen ist bekannt dass Glückert beim Modellsitzen öfters vom Schlaf übermannt wurde, und von Marschall geweckt werden mußte.